18.04.2009
Internationales Tanztheater
Olga Pona/Chelyabinsk Contemporary Dance Theater (RUS)
»Wenn sich ein Russe verdient gemacht hat um das Wohl seines Landes, wird er fotografiert, gerahmt und ausgestellt in der Straße der Besten. Die Straße der Besten war ursprünglich eine Ehrengalerie für die Helden der sozialistischen Arbeit, es gab sie in allen Ecken der Sowjetunion, und es gibt sie noch immer. Im Pionierpalast von Tscheljabinsk, vorm Metallurgischen Kombinat Metschel und im Foyer der Traktorenfakultät an der Staatlichen Universität Südural blicken reihenweise vorbildliche Gesichter von den Wänden herab. Schlosser, Elektriker, Sportler, Physikprofessoren. Der kleine Mensch als Ikone des großen Menschheitsfortschritts. Heute wie damals soll sie Ausdruck eines radikalen Demokratismus sein: dass jeder Bürger ein potenzieller Held ist und dass die Anstrengung des Einzelnen für die Gesellschaft von dieser gewürdigt werden muss. Deshalb hängt an der Wand mit den 60 herausragenden Absolventen der Tscheljabinsker Traktorenfakultät auch das Porträt der Choreografin Olga Pona.
Olga Pona, die im Halbprofil zarte Gesichtszüge und ein skeptisches Lächeln zeigt, hat hier von 1976 bis 1981 einen Ingenieurstudiengang belegt. Gleich nachdem sie ihr Examen mit Auszeichnung bestanden hatte, desertierte sie jedoch zur Kunstakademie, um Tanzpädagogin zu werden.
Heute leitet sie die einzige russische Compagnie, die ihren Erfolg in Westeuropa nicht auf den klassischen Stil der Ballets Russes gründet. Während das Bolschoj und das Marijnskij-Theater noch immer ihre spätaristokratische Zwiebeltürmchen-Ästhetik exportieren, hat Olga Pona in der sibirischen Provinz – fernab von den Zentren der choreografischen Avantgarde – ihre persönliche Variante des zeitgenössischen Tanzes entwickelt. Ihr dynamischer Stil konterkariert sowohl die Theorielastigkeit des Westens als auch das Schönheitsideal des sozialistischen Realismus.«
So Die Zeit in ihrem große Olga Pona-Portrait.
Im Pumpenhaus kommen gleich zwei neue Produktionen von Pona zum ersten Mal auf eine deutsche Bühne. Es sind große Gruppenchoreografien, die eine nur für die Männer und die andere nur für die Frauen ihres 15 – köfpigen Ensembles.
Energetisch, technisch brillant und mit dem speziellen Pona-Touch geht es um Geschlechts- und Identitätsbilder im postsozialischen Russland. Ein großer Tanzabend.
14,- € / erm. 9,- €
PHOTOS “By Chance” and “Male Identity” : Sergey Madveev, Chelyabinsk
MALE IDENTITY
ES TANZEN Vladislav Morozov, Andrey Zykov, Artem Sushchenko, Vladimir Vdovenko, Rafael Timerbakov, Vasily Polkov
CHOREOGRAFIE Olga Pona
KOSTÜME/SET Olga Pona
LICHT Vladimir Karpov
IN KOPRODUKTION MIT dem tanzhaus nrw, Düsseldorf
BY CHANCE
ES TANZEN Svetlana Levova, Elena Prysvisina, Tatiana Lumpova, Olga Sharova, Maria Greyf, Maria Gerasimova, Tatiana Menshenina, Julia Abramova
CHOREOGRAFIE Olga Pona
KOSTÜME Olga Pona
PAINTINGS Alla Libnitzkaja
LICHT Vladimir Karpov
IN KOPRODUKTION MIT dem Pumpenhaus, Münster