Deutschlandpremiere
Workman Theatre Project (Toronto/ Canada)
von Terry Watada
Junger ausgerasteter schizophrener Mann auf offener Straße von einem Cop erschossen. Keine Gangster- posse, keine Straßengangstory in Chicago, sondern eine wahre Be- gebenheit, die sich so oder ähnlich als Headline immer häufiger auf den Titelseiten internationaler Gazetten findet. Die seit 1987 professionell etablierten Kanadier und Gastgeber des ersten madness & arts world- festival 2003 haben aus dieser tra- gischen Geschichte mehr als ein Doku-Drama gemacht. Das Intro der Inszenierung von Michael Kelly lässt teilhaben an den Sekunden vorm Schuss – dass der am Ende mit dem Vorhang fällt, ist kein wirklicher Schock, nur die absehbare Klammer. Im Dazwischen des Einakters liegt so etwas wie theatrales Profiling, ein Modellversuch, der mit glasklar ge- schnittenen Clips kurze Einblicke gibt in die Innenwelten derjenigen, die mit dem Tod Vincents leben müssen. Mutter, Bruder Frank und der Cop P.C. Woods. Jeder von ihnen rollt sein individuelles Kapitel mit Vincent von hinten auf. In der Erinnerung werden Momente und Erlebnisse aus Vincents Kindheit und Pubertät wach und mancher Augenblick der kleinen Versäum- nisse, der unterlassenen Verant- wortung, der nicht geschenkten Worte, aber auch verzweifelte Wut und das Ringen um Legitimation des eigenen Verhaltens. Vincent ist tot. Ein irreversibler Fakt. Am Ende bleibt die Kardinalfrage nach den Konsequenzen – für die Hinterblie- benen, für diejenigen, die die Ordnung hüten, und für alle, die zusehen.
ANSCHLIESSENDE DISKUSSION MIT DEM ENSEMBLE UND EINGELADENEN FACHLEUTE
DARSTELLER Toni Ellwand, Sandy Andrew McMaster, Jake Chalmers
REGIE Michael Kelly
MUSIKKOMPOSITION/DESIGN Claude Allard
BÜHNE David Sweeney