fringe ensemble (Bonn) phoenix5 (MS) – Der Sprechhund

30.04.2003
Schauspiel
Der Sprechhund

fringe ensemble (Bonn) phoenix5 (MS)

 

von Andreas Vonder (NL) 

Fünf Schauspieler treffen sich in einem alten Studio, um den Film »Grüne Tulpen« zu synchronisieren. Sie warten auf die sechste Person, Martha Wagner, die im ersten Teil des Filmes eine tragende Rolle hat. 

Die Studiobedingungen sind nicht optimal. Die Schauspieler müssen improvisieren, um immer wieder kreative Lösungen für die Aufnahmen zu finden. 

Der Film »Grüne Tulpen« erzählt die traurige Lebensgeschichte vom blinden Otto, einem Mann der zweimal vom Schicksal hart getroffen wurde. Erst zeugt er ein Kind (Dimitri, das in ein Waisenhaus gegeben wird) mit seiner Schwester Martha (die im Kindbett stirbt). Und dann, 35 Jahre später, scheint sich die Geschichte zu wiederholen. Ottos zweites Kind, seine Tochter Anna verliebt sich in den Soldaten Dimitri, der unterwegs ist an die Front. Aber da gibt es noch Victor, ein Freund des Hauses, der soll im Auftrag Ottos helfen… 

In Der Sprechhund prallen die großen Emotionen des Films gegen die kleinen Emotionen des alltäglichen Lebens, Biographisches auf Fiktion, Realitäten auf Illusionen. 

»Wo der Protagonist im Film seine Geschichte einem geduldigen Sprechhund erzählen kann, ist der Zuhörer im normalen Leben manchmal launisch und schafft sich seine eigene Wirklichkeit. Es ist schwer, den Zuhörer am Zuhören zu halten. Inspiration für meine Arbeit an »Der Sprechhund« ist das Pirandell’sche Dilemma: Ich existiere, aber ich weiss nicht, wer ich bin, weil ich in den Augen der Anderen nur bestehe, während es keine einzige Ga- rantie gibt, dass ich auch der bin, der die anderen denken, dass ich bin. Meine Realität besteht aus dem, was ich für die anderen zu Sein scheine, womit Realität und Schein das Gleiche geworden sind.« Andreas Vonder 

»Sprechhund« ist ein Begriff aus der Filmwelt. Er ist ein preiswerter Trick, dem Zuschauer notwendige Informationen zukommen zu lassen. In vielen Filmen hat der Protagonist einen Freund oder eine Freundin, eine Mutter oder einen Psychiater, dessen einzige Funktion es ist, dass der Protagonist ihm unbegrenzt sein Herz ausschütten kann. Auf diese Weise erhält das Publikum wichtige Informationen über die Geschichte. Ein »Sprechhund« ist nur ein Ansprechpartner, eine Notlösung, ein Verlegenheitstrick. In einem wirklich guten Szenario hat niemand einen »Sprechhund« nötig. 

Der Sprechhund ist die dritte gemeinsame Arbeit des Regisseurs Frank Heuel und des niederländischen Autors Andreas Vonder. Nach www.hotel.e und MODUS gehen sie ihren ganz speziellen Weg des »work in progess« weiter, bei dem das Schreiben des Stückes und der Probenprozess unmittelbar ineinander übergehen.

12,- € / 9,- €
 
ES SPIELEN Judith Lodewijks, Bettina Marugg, Georg Lennarz, Harald Redmer, David Fischer 
TEXT Andreas Vonder
REGIE UND RAUM Frank Heuel
EINE PRODUKTION des fringe ensemble/phoenix5 und De Balie, Amsterdam mit dem Theater im Pumpenhaus, Münster und dem Theater im Ballsaal, Bonn. 
GEFÖRDERT VON der Stadt Münster, der Stadt Bonn, dem Ministerium für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport des Landes NRW und Fonds Darstellende Künste e.V.