Helena Waldmann (Berlin)
Mit der Tänzerin des Jahres 2011: Brit Rodemund
In Letters from Tentland ließ sie arabische Frauen in Zelten performen. In Burka Bondage verknüpfte sie Verschleierungsfragen mit Fesselspielen. Und in revolver besorgen entdeckt Helena Waldmann jetzt das Vergessen als Freiraum: im Tanz um die Demenz.
Die Berliner Choreografin kennt in ihrer Arbeit keine geistigen Schranken. Getragen wird dieses herausfordernde Solo von der furiosen Brit Rodemund. Die war früher mal Staatsopern-Ballerina. Und ruft hier technisch versiert das klassische Repertoire zwischen Giselle und Schwarzem Schwan wieder ab – nur um gleich darauf ins haltlose Loch aus Fratzenschneiden und Sabbern zu fallen. Körpergedächtnis adieu. Auf der Tonspur erläutern Experten die Facetten des Verfalls. Und ein Sänger nimmt mit Mahler Abschied vom Weltgetümmel.
Helena Waldmann rührt damit an die eigene Biographie. Ihr Vater war demenzkrank – auch selig in seinem Kopfreich. Zwischen ihm und der Mutter kam es vor Zeiten zu einem leuchtenden Dialog, der den Titel inspiriert hat. Begonnen mit dem Satz: »Du musst einen Revolver besorgen«.